Aufbauende Vertiefung

Impulse für Data Literacy mit ergänzenden Angeboten

Vorkenntnisse: vorhanden
Interdisziplinarität
Multimediale Lektionen
Neben informativen und motivierenden Basisangeboten sind vertiefende und gezielte Themenangebote für die Wissensvermittlung im Bereich Data Literacy essenziell. Vertiefungsangebote ermöglichen eine bessere Gesamteinbettung des Themas Data Literacy in ein universitäres Angebot und können studentische Zielgruppen gezielter ansprechen und fördern.
von

Valentin Fuchs

Kim Neumann

Tobias Schmidt

Toolbeschreibung

Neben einer allgemeinen Basisveranstaltung, die sich um ein breites Spektrum bei der Vermittlung von Data-Literacy-Kompetenzen bemüht, sind es vor allem vertiefende Angebote, die das studentische Interesse an Data-Literacy-Inhalten wecken. Ob sie die Programmierung in Excel, vertiefende SQL-Kenntnisse, Web-Scraping oder Text-Mining-Methoden vermitteln – die in Aufbaumodulen vermittelten Kenntnisse sind allzu oft genau diejenigen Themen, die Studierende am meisten interessieren.

Modulare Vertiefungsmodule bieten Lehrenden die Möglichkeit, vertiefende Wissensangebote unterzubringen und zur Profilbildung der Studierenden beizutragen. Ebenso können die Module die Studierenden für eine Grundthematik sensibilisieren und so zur Teilnahme an einem Basisangebot anregen. Die genaueren Angebote lassen sich über die Zeit anpassen und abändern, um beispielsweise neue Zielgruppen zu erschließen oder den Aufschwung aktualitätsbezogener Themenschwerpunkte aufzugreifen. Dies kann beispielsweise durch das Einbinden bestimmter Tools der Datengewinnung und -verarbeitung erfolgen, durch die gemeinsame Bearbeitung kleinerer Forschungsarbeiten oder durch die Einladung von Personen, die mit ihrer Expertise ein spezielles Themenfeld tiefer beleuchten.

Vertiefungsmodule können sehr unterschiedlich ausgestaltet sein. Die folgenden Beispiele zeigen exemplarisch, welche fortgeschrittenen Data-Literacy-Angebote zurzeit an der Universität Duisburg-Essen (UDE), der Ruhr-Universität Bochum (RUB) und der Technischen Universität Dortmund (TU Dortmund) existieren und wie diese konzipiert sind.

Lerninhalte & Methoden

Veranstaltungsreihe „Zahlen, Daten, Fritten” (UDE)

Im Jahr 2021 wurde die Veranstaltungsreihe „Zahlen, Daten, Fritten“ initiiert, um Studierende für die Relevanz von Datenkompetenzen und von zugehörigen Angeboten zu sensibilisieren. Referent:innen bieten in (interaktiven) Kurzvorträgen Einblicke in den Einsatz von Daten- und Digitalkompetenzen in Berufspraxis und Alltag und stehen im Anschluss für Fragen und Diskussion zur Verfügung. Die in der Regel einstündige digitale Veranstaltung richtet sich an Studierende aller Fächer. Für die Teilnahme sind keine Vorkenntnisse rund um das Thema „Datenkompetenz” notwendig. In Kooperation mit der „Hacky Hour UDE“, einer Veranstaltungsreihe der Universitätsbibliothek, ergänzen interaktive Formate wie ein digitales Escape Game zu Forschungsdatenmanagement oder eine Einführung in Metadaten mithilfe von Lego-Bausteinen, das Angebot von „Zahlen, Daten, Fritten“.

An jeder Veranstaltung nehmen jeweils bis zu 60 Studierende mit verschiedenen fachlichen Hintergründen und heterogenen Vorkenntnissen im Umgang mit Daten teil. Das Feedback ist durchweg positiv und die Studierenden erhalten die Möglichkeit, Themenwünsche für zukünftige Veranstaltungen einzubringen. Im Jahr 2021 fanden fünf und 2022 neun derartige Veranstaltungen statt, die sich verschiedenen Schwerpunkten rund um das Thema Data Literacy widmeten.

Die regelmäßige, mindestens dreimalige Teilnahme wird mit Bonuspunkten für den Basiskurs sowie mit einem 5-Euro-Gutschein für die Angebote der Cafeterien und Mensen des Studierendenwerks belohnt (insbesondere mit Pommes frites). Einzelne Fachbereiche honorieren die Teilnahme zusätzlich zum Beispiel im Rahmen von Mentoring-Programmen.

Eine zentrale Gelingensbedingung der Veranstaltungsreihe ist die digitale Umsetzung des Formats. Wenngleich die hieraus resultierende Flexibilität als eine der zentralen Stärken benannt werden kann, so ist zeitgleich festzustellen, dass die aktive Teilnahme der Studierenden im Vergleich zu Präsenzformaten geringer ausfällt. Hinsichtlich der Incentivierung hat sich herausgestellt, dass weniger die Vergabe von Gutscheinen und mehr das Ausstellen von Teilnahmebescheinigungen für Studierende von Relevanz ist, da es ihnen ermöglicht, auf dem Arbeitsmarkt (Daten-)Kenntnisse explizit(er) nachzuweisen.

Das Aufbaumodul Data Literacy an der RUB

Um die als Basisveranstaltung ausgelegte Ringvorlesung und einzelne Workshops zu Data Literacy der RUB zu ergänzen, wird seit 2022 ein Aufbaumodul zum Thema angeboten. Ziel der Veranstaltung ist es, Studierenden einen Einstieg in datenfokussiertes wissenschaftliches Arbeiten zu bieten. Zu Beginn des Semesters wird dazu eine Blockveranstaltung gegeben, in der den Studierenden das Auswerten von Daten mit der Programmiersprache R gezeigt und mit ihnen eingeübt wird. Studierende suchen sich neben der allgemeinen Vermittlung einen weiteren Datensatz nach eigener Präferenz aus, an dem sie weiter üben wollen. Im Laufe des Semesters sollen die Studierenden eine Fragestellung anhand von Daten erarbeiten und darauf eine datengestützte Antwort finden. Alle zwei bis drei Wochen werden Studierende zu einem Impulstreffen per Videokonferenz eingeladen, bei Fragen beantwortet, Hilfestellung gegeben und Absprachen für das weitere Vorgehen gezeigt werden.

Das Aufbaumodul ist aufgrund der zeitintensiven Betreuung auf 25 Plätze pro Semester begrenzt. Die tatsächliche Teilnahme beläuft sich bisher auf zehn bis 15 Studierende. Dabei wird das Angebot gerne von Studierenden angenommen, die zuvor bereits die Basisveranstaltung besucht haben, obwohl dies keine Voraussetzung darstellt. Besonders Studierende aus Fachbereichen, die bisher wenig eigene Angebote zur Datenauswertung boten, nutzten das Aufbaumodul, um einen Einblick in diese Arbeitsweise zu erhalten. Als Problem stellt sich in erster Linie der zeitliche Aufwand dar. Durch die relativ hohe zeitliche Verpflichtung ist die Teilnahme nicht allen interessierten Studierenden möglich.

Grundlagen des Text-Minings an der TU Dortmund

Seit dem Jahr 2022 können Studierende der TU Dortmund die Veranstaltung „Grundlagen der Datenanalyse und des Text-Minings mit R” besuchen. Die Veranstaltung vermittelt die Grundzüge der computergestützten Textanalyse und soll die Studierenden ermuntern, eigenständig große Textkorpora unter die Lupe zu nehmen. Das Lehrangebot ist universitätsweit offen, curricular ist das Seminar allerdings nur im Studienverlauf einiger Journalistikstudiengänge verankert. Die Veranstaltung gliedert sich in eine Vorlesung und eine Übung, in der die Inhalte der Vorlesung in gemeinsamen „Coding-Sessions” erprobt und vertieft werden. Als Grundlage dient die Statistiksoftware R, in die alle Teilnehmer:innen eine umfassende Einführung erhalten. Interessierte benötigen keine Vorkenntnisse in R oder Text-Mining. Die Veranstaltung ist damit eine Mischung aus Einführung und Vertiefung.

Bei allen Vorteilen, die dieses Format mit sich bringt, stellte sich der große inhaltliche Umfang des Angebots doch als gewisse Schwachstelle heraus. Der Workload ist mit zwei Terminen pro Woche für viele Studierende zu hoch. Gleichzeitig lässt sich der Weg von R-Grundkenntnissen bis zu fortgeschrittenen Text-Mining-Methoden mit weniger Terminen innerhalb eines Semesters nicht bewerkstelligen. Hier haben die von uns vorgeschlagenen adaptiven Modelle, die sich in eine Grundlagen- und eine Vertiefungsveranstaltung teilen, einen entscheidenden Vorteil.

Erkenntnisse & Erfahrungen

Auf Grundlage der praktischen Erfahrung von drei Universitäten mit drei verschiedenen Formaten (Vortragsreihe, Intensivkurs, Vorlesung/Übung) kommen wir zu der Erkenntnis, dass kleine, gezielte, inhaltlich flexible Lehreinheiten das womöglich größte Potenzial für die Ausgestaltung eines Vertiefungsformats bieten.

Wohl dosierte Impulse in Workshop- beziehungsweise Block-Formaten bieten Studierenden zeitlich mehr Flexibilität, wodurch sich leichter eine ausreichende Nachfrage selbst für spezielle Zusatzangebote finden lässt. Sie bieten zudem eine geringere Hemmschwelle, um auch beginnende Studierende an den Themenschwerpunkt Data Literacy heranzuführen. Wir empfehlen, die Themen der einzelnen Kurse im Vorhinein klar zu definieren, einem einheitlichen zeitlichen Lehrplan zu folgen um somit den Studierenden die Chance zu bieten, allein aufgrund der Inhalte (und nicht aufgrund organisatorischer Gegebenheiten) den Kurs zu wählen, der sie am meisten interessiert. Lehrende von Vertiefungsmodulen sollten klar kommunizieren, welche der von uns vorgeschlagenen Grundlagenmodule sie voraussetzen. Wir sehen außerdem viele Vorteile darin, jedes Vertiefungsmodul in verschiedenen Schwierigkeitsstufen anzubieten, sodass Hochschulen, Lehrstühle oder einzelne Lehrende die von uns angebotenen Themenmodule genau in dem Schwierigkeitsgrad vorfinden, den sie ihrer Zielgruppe präsentieren möchten.

Autor:innenprofile

Valentin Fuchs (M.A.) studierte Methoden der Sozialwissenschaften und arbeitet als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Methodenzentrum an der Ruhr-Universität Bochum. Für das Data.Literacy@RUB-Projekt gestaltet und betreut er weiterführende Veranstaltungen über den Umgang mit Daten und den Tools zur Datenauswertung.

Kim Neumann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zentrum für Hochschulqualitätsentwicklung (ZHQE) an der Universität Duisburg-Essen. Im Rahmen ihrer Tätigkeit koordiniert und begleitet sie unter anderem Qualitätsentwicklungsprojekte im Bereich Studium und Lehre. Im Projekt DataCampus UDE ist Kim Neumann für die Betreuung der Veranstaltungsreihe verantwortlich.

Tobias Schmidt (M.A.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für wirtschaftspolitischen Journalismus an der TU Dortmund. In der Forschung ist er auf ökonomische Narrative sowie die Medienberichterstattung über Inflation spezialisiert. Seine Lehrtätigkeit erbringt er im Bereich Speech and Language Processing.

Literatur